/t́ab½l̀a®/;
t½bl̀a (Eb), t½lv̀ (Eo), kl½v̀a® (S) m., 'Scheune, Heustall'.
Lat. TAB̄L̂ATUM 'Bretterwerk' (REW 8515; RN 2, 335f.), rtr. tabĺa (Eb), talvo (Eo), clavau (S), m. 'Scheune, Heustall'. Schon die heutigen stark divergierenden Formen Romanisch Bündens spiegeln eine vielfältige Entwicklung des Worttyps: unterschiedliche lautliche Veränderungen (namentlich Metathesen und Synkopierungen im Umkreis des instabilen Liquidlautes /-l-/; dazu Schmid 1976, 19-24, spez. 23) haben im churrätischen Raum zu mannigfachen Ergebnissen geführt, deren Werdegang hier unter Einbezug Unterrätiens kurz nachgezeichnet werden soll. - Das Schicksal der Endung -̂ATU steht dabei nicht im Blickpunkt; dazu hier das Wesentliche in Kürze voraus: vlat. /-̀a?u/ wird zu /-̀a®/ (so noch surselv.); daraus oengad. und mittelbündn. /-̀/ (ausser Marmorera mit /-̀a/ und Beiva mit /-̀/). In den unterrät. Belegen treffen wir in der Regel noch die Stufe /-̀a®/ an (etwa urk. 1420 taflau Bartholomäberg); häufiger freilich sind die Belege, die den Worttyp in nominaler Verbindung - Typ Taflanuof - oder als als Ableitung - Typ Clavadatsch - zeigen, wo also die Verhältnisse bezüglich des in Zwischentonstellung geratenen -̂ATU andere sind. - Nun also zum Wortstamm: Als ältester Typ wird eine erste artr. (bzw. protortr.) Entwicklungsstufe */t́ab½l̀a®/ fassbar; sie ist oben als Stichwortform gesetzt worden. Auf sie kann das uengad. /t½bl̀a/ direkt zurückgehen (wenn nicht sek. aus unten erwähntem */tav'l̀a®/). Aus */t́ab½l̀a®/ ergab sich durch die (bereits vlat.) Frikativierung der intervok. Lenis-Okklusiva (vgl. Lutta 1923, §§ 163, 210) die Basisform */t́av½l̀a®/ und daraus eine metathetische Variante */t́al½v̀a®/. Letztgenannte Form */t́al½v̀a®/ führte (über Synkope > */tal'v̀a®/) zu oengad. /t½lv̀/. Durch Synkopierung des Gegentonvokals in */t́al½v̀a®/ ( > /t½l½v̀a®/) entstand weiter ein /t'l½v̀a®/, und aus diesem wurde in Rheinisch Bünden sowie verbreitet auch bereits im Altromanischen Unterrätiens eine neue Grundform /kl½v̀a®/, die auch in Zusammensetzungen und Ableitungen auftritt. Schriftlich nachgewiesen erscheint sie erstmals, soweit wir sehen, im artr. Raum für das späte 14. Jh. in Nenzing: urk. 1383 GlÓafazaura (VNB I/3, 136), urk. ~ 1390 glafautmiez (vgl. Tiefenthaler 1968, 99; VNB I/3, 136: GlÓafautmietz). Wir finden /kl-/ aber bis heute auch in verdeutschten Zonen (namentlich dem Prättigau), etwa als Clavamartsch Küblis, Clavanuov Klosters, Gluvanuov Seewis i. P., Clavaveder Klosters. Der Wechsel von /tl-/ zu /kl-/ geschah aus lautphysiologischen Gründen, zur Ausmerzung des dem hiesigen Rtr. ungewohnten sekundären Nexus tl-. - Auch primäres */t́av½l̀a®/ bildet durch synkopischen Ausfall zweisilbiges /t½v'l̀a®/. Dieser Typ ist für Unterrätien in zahlreichen Reflexen mit Anlaut /Taf(l)-/ erhalten, vgl. etwa: Daflaua Gaschurn (VNB I/2, 177); ferner in Syntagmen (häufig mit NOVU, SUBTU, SUPRA): Tafanuf Grabs (urk. ~1570 Tafla
nova; Stricker 1974, 249f.), +Taflanuf Wangs (urk. 1484 taflanuof, 1531 Tafla
nof; Camenisch 1962, 87; Vincenz 1993, 202); Taflanuaf Bartholomäberg (VNB I/2, 111: 3mal; urk. 1383 Lauanueff, 1402 Taflanuf), Taflanuaf Gaschurn (VNB I/2, 198), Taflasott Bartholomäberg (VNB I/2, 111: urk. 1420 taflasott), Taflasaura Bartholomäberg (VNB I/2, 111: 2x; urk. ~ 1400 tafladsaura), Taflasaura Gaschurn (VNB I/2, 198), +Dafla
dedära Silbertal (urk. 1383 Dafla
dedÒara; VNB I/2, 117); urk. 15. Jh. Taflamiez Frastanz (VNB I/3, 180). - Lafa- wiederum stellt sich dar als Vereinfachung aus *Tlafa- (oder Clava-). Wir finden die Form etwa in Lafadarsch Wartau (Stricker 1981b, 205), vgl. auch oben urk. 1383 Lauenueff für Taflanuaf Bartholomäberg, oder in Laftell Wangs (urk. 1469 Clauadell; Vincenz 1993, 128). - Interessant sind Fälle wie das heutige Glafadiel Vandans (jedoch noch 1492 tafladiel; VNB I/2, 49): hier erfolgte der Übergang von /tafl-/ zu /klaf-/ (über */tlaf-/) nachweisbar spät; umgekehrt erscheint er bereits in ~ 1390 glafautmiez (Nenzing). Wir ersehen daraus, dass dieser Übergang über lange Zeit möglich blieb. - Einen formalen Sonderfall stellt der Namentyp Tablat als Lehnwort aus dem Klosterlatein dar. Vielleicht spielt diese Sonderform (bezüglich der Endung -at) auch mit in Flat Buchs/Sevelen (Vincenz 1983, 45f.), falls sie (dann als aphäretische Kürzung) überhaupt hieher gehört; bei urk. 1492 Tafalat, Sargans (Bolliger Ruiz 1991, 259f.) ist die Herleitung zweifelsfrei, die Endung scheint auch dort latinisierend.
Dieses Wort kommt in folgenden Namen vor:

Auf dem Gebiet Liechtensteins erscheint die verzweigte Wortsippe selten: Wenigstens Gafos Schaan erweist sich mit der häufigen historischen Variante /taf̀¡s/ und insbesondere dem «verräterischen» Beleg 1482 Tlafàuß klar als hieher gehörig. Dabei muss auch hier eine Variante */Glaf̀aus/ bestanden haben (vgl. oben die Grundform /kl½v̀a®/), die entwicklungsmässig zwischen dem belegten /tlaf̀aus/ und dem heutigen /gaf̀¡s/ liegt.
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