/fr̀ud½/ f., 'Wasserfall, Sturzbach; Felswand (über die sich ein Bach ergiesst)'.
Gall. FR̄TA 'Bach' (REW 3545; RN 2, 154) lebt in der Bedeutung 'Wasserfall, Sturzbach' als froda f., pl. frot, in den alpinlomb. Mundarten der ital. Schweiz weiter (vgl. auch AIS 3, 431, Leg.); als Lehnwort rtr. fruda f. (DRG 6, 618) ist es über den Greinapass vom Bleniotal (Olivone-Greina- Diesrut) ins surselvische Lugnez (Vrin) gelangt; ebenso hat in Medels der Oberlauf des Medelser Rheins den Namen Froda angenommen. Aus dem Gallischen ist das Wort auch früh in die Bergmundarten der westlichen und zentralen dt. Schweiz eingegangen als Frutt f. 'Felsspalte', in Namen verbreitet für Felsaufstiege, Bacheinschnitte (vgl. Zinsli 1946, 318, s. v. Frutt; Id. 1, 1339f.). Schmid 1980, 163 vermutet, dass Frutt in der Zentralschweiz nicht ein eigentliches Importlehnwort (aus dem Alpinlombardischen) darstelle, sondern einen "Überrest eines romanischen Substrats, welches in der Innerschweiz selbst beheimatet", aber offensichtlich selber nach Süden ausgerichtet war.
Dieses Wort kommt in folgenden Namen vor:

Den Anlass zu diesen Ausführungen bildet die Frage, ob der vereinzelte Name Rudabach Schaan mit besagtem Worttyp in Verbindung gebracht werden könnte. Ganz allein steht er übrigens nicht da: gleichlautendes Ruda(-) tritt auch in Vorarlberg einmal auf, nämlich in der Gemeinde Weiler mit den beiden Namen Ruda und Rudatöbele (VNB I/5, 48). Diese Ruda-Namen ergeben zusammen eine - wenngleich ziemlich unsichere - Gruppe, deren Verhältnis zu den Frutt-Namen hier wenigstens abgeklärt werden muss, zumal eine andere Herleitung für sie nicht in Sicht scheint. - Es treten aber sogleich Probleme zutage, die nicht für einen Zusammenhang sprechen. Die kompakte Verbreitungszone des Frutt-Toponyms im schweizerischen Alpenraum umfasst eine Zone von Oberwallis, Pomatt und Oberhasli im Westen bis nach Obwalden, ins Pilatusgebiet und Entlebuch im Osten (Schmid 1980, 163f.). Eine Fortsetzung bis ins Rheintal ist nicht festzustellen (op. cit. 169: der Name Frutt fehle "sonst in der östlichen Schweiz, mit Ausnahme der erwähnten lombardisch-surselvischen Kontaktzone, vollständig"). Damit ist allerdings von nicht-«rätischem» Charakter des Frutt-Typs auszugehen. Wäre dieser auch im Rtr. vorhanden bzw. über dieses vermittelt worden, dann wäre dort freilich eine Form *Fruda zu erwarten (also nicht Frutt, d. h. ohne die bei früher Aufnahme ins Dt. im Rahmen der ahd. Lautverschiebung eingetretene Verhärtung rom. /-d-/ > alem. [ausl.] /-t/; cf. Waser 1988, 393). Dieses *Fruda könnte über Deglutination des anl. F- leicht zu der vorhandenen Form gelangt sein (*uf
Fruda > uf
Ruda). Dies wäre ohne weiteres annehmbar. Das Hauptproblem indes, das den Ansatz fraglich macht, liegt tiefer, nämlich darin, dass der Typ insgesamt im (alt-)rätoromanischen Raum als genuines Substrat sonst nicht nachzuweisen ist. - Auch die Annahme walserischen Imports des Worttyps wird hier nicht weiterhelfen, umso weniger, als dann doch Frutt zu erwarten wäre.
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